Als wir für Oktober 2016 unsere 5. Kreuzfahrt planten, wählten wir als Start- und Zielhafen Venedig aus. Dort möchte man die großen Schiffe und vielen Touristen, die täglich durch die Stadt „rennen“, verbannen. Wir wollten die Aus- und Einfahrt also noch einmal erleben, bevor es vorbei ist.
Das wir eine Nacht dort verbrachten, war Zufall. Wir hatten bei der Buchung der Kreuzfahrt keine Anreise gebucht, es wurde dann letztendlich vergessen – so war die Vorübernachtung im Abflugort auf Venedig verschoben. Sehr gut, wie wir im Nachhinein sagen müssen.
Wir kamen gegen Mittag an, der Landeanflug bot schon die ersten Eindrücke über die Lagunenstadt und den Kreuzfahrthafen. Wir waren gespannt.
Der Flughafen heißt Marco Polo und liegt etwas außerhalb, weit und breit kein Wasser in Sicht. Wir hatten schnell unser Gepäck und gingen hinaus. Wir wußten nur, dass man mit Wassertaxis nach Venedig kommt, wie es vor sich gehen sollte, wußten wir nicht. An Schaltern im Flughafen zeigten Schilder, dass es keine Wassertaxis gäbe. Ohne dafür jedoch Gründe anzugeben.
Draußen dachten wir laut nach, wo wir denn wohl hin müssten, was Fahrer privater Taxis hörten und so kamen wir mit einer Fahrerin ins Gespräch. Wir nannten ihr das Hotel „in der Nähe der Rialtobrücke“. Sie googelte es und telefonierte kurz, wir machten einen Preis aus und es sollte losgehen.
Sie wollte uns zu einem Anlegeplatz von Wassertaxis bringen.Sie erzählte, dass es bis zu diesem Zeitpunkt Hochwasser gäbe, in Venedig noch die Holzplanken lagen, die man nur aus dem TV kennt. Und deshalb auch keine Wassertaxis fuhren, wie wir am Flughafen sahen. Wetter und Wind sind für die Überschwemmungen verantwortlich.
Die Fahrt vom Flughafen in die Stadt dauert ca. 30 Minuten, je nach Verkehr auch länger, die Fahrt auf dem Canale Grande dauerte ca. 15 Minuten. Mit der Bootsfahrt kostete der Transfer 110 €. Recht teuer, dafür aber privat, mit Kurzführung und fast bis vor das Hotel.
Das Wassertaxi brachte uns den Canale Grande entlang in einen Seitenarm, man sah schon recht viel. Es gibt Einbahnstraßen, die Verkehrsführung ist wie auf normalen Straßen auch, es wird rechts gefahren. Wir sahen die Haltestellen der Vaporettos, der „Linienbusse“, die wir später auch nutzen wollten.
Er ließ uns ca. 10 Minuten vom Hotel entfernt aussteigen, erklärte uns, dass wir nun zu Fuß weiter gehen müssten. Das war aber kein Problem, es war schnell zu finden. Transportmittel in der Stadt gibt es nur als Handkarren usw. Autos findet man keine.
Wir checkten ein in ein gemütliches Hotel namens „Locanda Nuovo“, welches in einer Seitenstraße ganz versteckt lag. „Straße“ ist nicht das richtige Wort, „Gasse“ trifft es besser. Ein Auto würde nicht hindurch passen. Es erinnerte an einen alten Dogenpalast. Einen Fahrstuhl gibt es nicht, Frühstück wurde nach Wunsch serviert, es gab keinen Raum, sondern jeder Gast bekam es ins Zimmer.
Gegen 14 h gingen wir los, um uns Venedig anzusehen. Inzwischen war von Hochwasser keine Spur mehr, es gab noch einige Pfützen überall, aber nicht weiter tragisch. Witzig waren zahlreiche Touristen und Einheimische, die in eigentümlichen „Faltgummistiefeln“ unterwegs waren. Vermutlich hat man als Einheimischer immer welche in der Tasche und Touristen kaufen sie bei Bedarf. Wir kauften keine, eigentlich schade…
Es wurde sonnig und warm. Touristen waren in Shirts und kurzer Hose unterwegs, Einheimische in langen Hosen und gefütterten Jacken.
Wir kamen über diverse Plätze und durch nette Gassen zur Rialtobrücke. Sie wird restauriert und ist teilweise verkleidet.
Je wärmer es wurde, desto voller wurde es… Touristen aller Nationalitäten bahnten sich ihren Weg hinauf, zu den Fenstern, wieder hinunter… Es kam einer Völkerwanderung gleich. Wir genossen den Blick aufs Wasser, machten unsere Fotos und dann Platz für die anderen. In der Rialtobrücke sind zahlreiche Geschäfte, kleine Boutiquen mit Schmuck, Schnickschnack und Souvenirs, nichts wirklich wichtiges. Aber ebenso voll wie die Brücke. Es war überall ein unglaubliches Sprachengewirr, Europäer, Amerikaner, Asiaten… hin und wieder hörte man tatsächlich auch Italienisch.
Wir gingen hinunter zur Haltestelle eines Vaporettos. Allerdings war gegenüber eine der zahlreichen Eisdielen, der wir erst einmal unsere Aufmerksamkeit widmeten: wir gönnten uns ein echtes venezianisches Eis. Nicht ganz billig, die Kugel kostete 1,50 €. „Kugel“ ist der falsche Ausdruck, das Eis wurde mit einer Art Spachtel in Becher oder Hörnchen gefüllt, also viel mehr als eine normale Kugel. Und absolut das beste Eis, welches wir je gegessen haben. Cremig, nussig, fruchtig… sehr lecker.
Dann gingen wir zum Plan der Vaporetto-Linien. Es gibt verschiedene, die zu allen wichtigen Orten in Venedig fahren. Genau wie U-Bahnen oder Busse in anderen Städten, nur eben über Wasser. Wir wählten eine 24-Stunden-Karte für 20 € pro Person. Eine Einzelfahrt kostet 7,50 € pro Person. Da wir am Sonntag auch noch zum Hafen mussten, war das günstiger. Man konnte so oft fahren, wie man wollte, egal wohin.
Mit der elektronischen Fahrkarte öffnete man die Einlässe zur eigentlichen Haltestelle, Wartehäuschen mit Bänken, die vor Regen schützten. Legt ein Vaporetto an, läßt der Mitarbeiter erst alle aussteigen und öffnet dann die Kette, um die neuen Fahrgäste einsteigen zu lassen. In den Booten kann man sich im Innenraum setzen, oder man bleibt davor stehen und lässt die Häuser auf sich wirken. Der Schiffsführer sitzt in einem eigenen Raum, zu dem die Fahrgäste keinen Zugang haben.
Wir genossen die Fahrt und Eindrücke auf dem Canale Grande. Ehemals schöne Paläste waren verfallen, andere strahlten in Schönheit wie im Mittelalter. Man sah noch die Stege und Brücken, die den Fußgängern bis zum Mittag ermöglichten, trockenen Fußes überall hinzukommen. Wir fuhren am Theater vorbei, zahlreichen Restaurants und anderen wichtigen Einrichtungen.
Am Markusplatz stiegen wir aus und gingen Richtung Dogenpalast und Campanile. Auch hier wurde es merklich voller. Um den Platz herum waren Restaurants und Bars, in denen Musik gespielt wurde. Klavier, Streichinstrumente usw., die man aber bezahlte, wenn man etwas verzehrte. Dementsprechend teuer wurde ein Cappuccino, 15 € waren normal.
Einige Pfützen zeigten noch das schlechte das Wetter vom Vormittag. Wir hatten Glück, es war inzwischen keine Wolke mehr zu sehen.
Neben der Touristen waren auch hunderte Tauben auf dem Markusplatz. Fotografen machten Fotos, mit Tauben auf dem Arm oder Kopf… dies ist allerdings unerwünscht bei der Stadt. Tauben verschmutzen hier ebenso wie in anderen Städten Häuser und Plätze.
Andere Verkäufer boten Artikel an, die ein Tourist unbedingt benötigt, Selfi-Sticks, Sonnenbrillen usw. Und sie sind ebenso lästig wie in anderen Städten.
Wir wollten eigentlich in die Kirche, entschieden uns aber dagegen, als wir die lange Schlange der Wartenden sahen. Die Zeit war uns zu schade. So bummelten wir lieber durch die Gassen und staunten über die Anzahl der Eisdielen. Bei denen die Preise übrigens noch Spielraum nach oben hatten. Viele Souvenirgeschäfte, aber auch Schuhe und Kleidung, die gar nicht so teuer waren. Kleine Restaurants boten Pasta & Co. an, zu zivilen Preisen. Wir tranken irgendwo in einer Seitenstraße etwas. Aperol Sprizz war Standard, um die 4 – 5 € auch akzeptabel. Auch hier waren Scharen von Touristen unterwegs.
Wir waren einige Zeit unterwegs und mussten in diesem Restaurant auch die Sanitäranlagen aufsuchen. Und staunten nicht schlecht: 1 Toilette für das ganze Restaurant und für Männer und Frauen zusammen! Sie war eher als baufällig zu bezeichnen und alles andere als sauber. Wir fanden heraus, dass alle Toiletten in Italien so sind…
Gegen 18 h gingen wir zum Vaporetto am Markusplatz zurück und fuhren mit einer anderen Linie zur Haltestelle in der Nähe unseres Hotels. Wir wollten essen, hatten aber das Problem, das wir nicht die in Italien übliche Menüfolge wollten: Pasta als Vorspeise, Fleisch/Fisch als Hauptgericht, Dessert. Uns genügte ein Gericht.
5 Minuten vom Hotel entfernt waren ebenfalls einige Restaurants zu finden. Wir wählten eines, konnten noch draußen sitzen, es war noch angenehm warm. Auch hier ist das Rauchen nur noch draußen gestattet. Wir entschieden uns für Pizza mit Salami und Gambozola, Hacksteak und Pommes. Dazu Wein und Bier. Man muss kein Italienisch sprechen, mit Englisch und Deutsch bekommt man auch alles, was man möchte.
Die Nacht war angenehm, das Hotel ruhig. Als Frühstück gab es auf unserem Tablett Kaffee, Saft, Brötchen und Croissants.
Am nächsten Morgen fuhren wir mit einem Vaporetto zur Station Piazzale Roma, die dem Kreuzfahrthafen am nächsten ist. Von dort mußten wir ca. 20 Minuten zu Fuß gehen. Wie wir später hörten, gab es kostenlose Shuttle-Busse, wir haben aber keine gesehen.
Venedig ist eine Reise wert, es gibt sicher noch viel mehr zu entdecken, aber die paar Stunden waren schon sehr beeindruckend. Man ist in Italien, aber auch wieder nicht. Man ist auf einer Insel, oder auch nicht. Man braucht Italienisch, aber es geht auch ohne…